Die US-Wahlen stehen an und damit fragen sich auch viele Anleger, ob und in welchem Maß der Goldpreis von den Wahlen in den USA beeinflusst wird.
In diesem Artikel untersuchen wir, wie sich der Goldpreis in vergangenen Wahljahren verhalten hat.
Wie können Wahlen den Goldpreis beeinflussen?
Wahlen - und darunter natürlich insbesondere die US-Wahlen - können den globalen Goldpreis durch direkte und indirekte Mechanismen beeinflussen:
- Wirtschafts-, Geld- und Fiskalpolitik: Die Entscheidungen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) in Bezug auf die Zinssätze können einen erheblichen Einfluss auf den Goldpreis haben und die wirtschaftlichen, fiskalischen und monetären Politiken einer bestimmten Regierung können ihrerseits den Verlauf der Zinssätze beeinflussen. Zinserhöhungungen senken den Goldpreis oft, während bei Zinssenkungen Gold eine attraktivere Wertanlage wird. Darüber hinaus weist Gold eine starke Wechselwirkung mit dem US-Dollar auf, dessen Kursentwicklung ebenso von den Wahlen beeinflusst werden kann.
- Ein unsicheres Anlageklima: Die US-Wahlen scheinen in diesem Jahr ein äußerst knappes Kopf-an-Kopf-Rennen zu werden (dazu später mehr). Ungewissheit wird von Anlegern oft als Unsicherheit interpretiert, was den Goldpreis ebenfalls steigen lassen könnte.
- Handelspolitik: Nach den Wahlen könnte ein Kurswechsel in Bezug auf Zölle und internationale Handelsabkommen die geopolitischen Karten neu mischen, was wiederum für Gold als sicherer Hafen spräche. Zum Beispiel könnte eine zweite Präsidentschaft Trumps die Spannungen zwischen den USA und China verschärfen und potenziell den Goldpreis ansteigen lassen.
- Geopolitische Risiken: Wahlen können die Dynamik der Außenpolitik verändern und die geopolitische Stabilität beeinflussen. Eine Regierung unter der Führung der Republikanischen Partei mit einer aggressiveren Außenpolitik könnte die globale Unsicherheit erhöhen und somit den Goldpreis steigen lassen.
Die US-Wahlen und der Goldpreis
Wir haben bereits festgestellt: Die Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten, die alle vier Jahre stattfinden, können direkte und indirekte Auswirkungen auf die Goldpreise und andere Rohstoffe haben. Dies liegt an der Bedeutung der US-Wirtschaft und ihrem Einfluss auf die Finanzmärkte.
Für die US-Wahlen 2024, die im kommenden November stattfinden, sind die bestätigten Kandidaten:
- Donald Trump, der Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Partei, der bereits von 2017 bis 2021 Präsident der Vereinigten Staaten war.
- Kamala Harris, die Präsidentschaftskandidatin der Demokratischen Partei und derzeitige Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten. Harris übernahm die Spitzenkandidatur, nachdem sich der amtierende Präsident Joe Biden von der Präsidentschaftskandidatur zurückgezogen hatte.
Zudem zeichnet sich in diesem Jahr ein echter Wahlkrimi ab, denn laut Buchmachern stehen die Chancen für die beiden Kandidaten bei derzeit etwa 50/50:
Absolute Außenseiter im Rennen ums Weiße Haus sind Nikki Haley, Michelle Obama und Hillary Clinton, deren Gewinnchancen jeweils weniger unter 1% liegen.
Haben die US-Wahlen einen direkten Einfluss auf Gold (die historischen Daten)?
- US-Wahlen 2020
- Sechs Monate vor den Wahlen (Mai 2020): 54,40$ pro Gramm
- Während der Wahlen (November 2020): 60,70$ pro Gramm (+11,6%)
- Sechs Monate nach der Wahl (Mai 2021): 56,60$ pro Gramm (+4%)
- US-Wahlen 2016
- Sechs Monate vor den Wahlen (Mai 2016): 40,30$ pro Gramm
- Während der Wahlen (November 2016): 40$ pro Gramm (-0,7%)
- Sechs Monate nach der Wahl (Mai 2017): 39$ pro Gramm (-3,2%)
- US-Wahlen 2012
- Sechs Monate vor den Wahlen: 53,50$ pro Gramm
- Während der Wahlen: 54,30$ pro Gramm (+1,5%)
- Sechs Monate nach den Wahlen: 42,20$ pro Gramm (-21%)
- US-Wahlen 2008
- Sechs Monate vor den Wahlen: 30,10$ pro Gramm
- Während der Wahlen: 27,60$ pro Gramm (-8,3%)
- Sechs Monate nach den Wahlen: 31,10$ pro Gramm (+3,3%)
- US-Wahlen 2004
- Sechs Monate vor den Wahlen: 13,40$ pro Gramm
- Während der Wahlen: 13,20$ pro Gramm (-1,5%)
- Sechs Monate nach den Wahlen: 14,20$ pro Gramm (+5,9%)
Die Daten suggerieren, dass der Goldpreis vor und nach US-Wahlen vergleichsweise volatil ist. Außerdem stieg der Goldpreis in 3/5 Fällen sechs Monate nach den US-Wahlen leicht an.
Aufgrund der geringen Datenmenge ist die Aussagekraft dieser Analyse jedoch statistisch nicht signifikant.
Welche Schlüsse zieht der World Gold Council?
Der renommierte World Gold Council ist dem Thema in einer interessanten Studie ebenfalls nachgegangen. Dabei kommt der WGC zu dem Schluss, dass der Goldpreis überwiegend indirekt vom Wahlgeschehen in den USA beeinflusst wird:
- Historisch lässt sich kein direkter Einfluss auf den Goldpreis nachweisen. Allerdings haben die US-Wahlen eine großen Einfluss auf die internationale Geopolitik und geopolitische Risiken können ein Katalysator für steigende Goldpreise sein.
- Die Schlüselindikatoren für den Goldpreis sind unter anderem die Stärke des US-Dollars, die Höhe des Leitzins und die Risikostimmung im Markt. Diese Faktoren sind indes durchaus von politischen Entscheidungen abhängig.
- In der Vergangenheit performte Gold in Wahlzeiten schlechter als in Nicht-Wahlzeiten. Die statistische Unsicherheit ist jedoch groß, sodass sich keine definitive Aussage treffen lässt.
Der Goldpreis unter Joe Biden
Unter der Regierung Bidens erreichte der Goldpreis Rekordhöhen, angefacht durch die Inflation seit 2021.
Weitere Faktoren, die den Goldpreis beeinflussten, waren die Bestrebungen der BRICS-Staaten, die Dominanz des US-Dollars zu begrenzen.
Zusätzlich trugen die russische Invasion in der Ukraine und die anhaltenden Konflikte im Nahen Osten zu einer wachsenden geopolitischen Instabilität bei, was den Goldpreis in den Jahren 2023 und 2024 auf beispiellose Höhen ansteigen ließ.
Gold unter der Trump-Administration
Während der Präsidentschaft von Donald Trump verzeichnete der Goldpreis einen signifikanten Anstieg, teilweise auch aufgrund der zunehmenden geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China während seiner Amtszeit. Doch das war nicht der einzige Grund.
Dies lag auch, wie bereits erwähnt, an der De-Dollarisierungsstrategie Russlands und anderer BRICS-Mitglieder sowie an der Verschlechterung der Beziehungen zu Iran.
Diese Ereignisse erhöhten die geopolitische Instabilität der Weltwirtschaft, die dann zusätzlich durch den Ausbruch der COVID-19-Pandemie belastet wurde.
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Auch die europäischen Wahlen können Auswirkungen auf den Goldmarkt haben:
🇫🇷 Im Zuge der Frankreichwahlen im Juni stieg der Euro nach einem starken ersten Wahlergebnis für die Rechte, welcher dennoch weniger stark als erwartet ausfiel. Dies führte zu einem Rückgang des Euro-Goldpreises um 0,8%.
🇬🇧 Als das Vereinigte Königreich vorgezogene Wahlen für Juli 2024 ankündigte, verzeichnete die Royal Mint fast 50% mehr Kunden. Dies hatte einen erheblichen Einfluss auf den Goldpreis in britischen Pfund.
Die US-Wahlen 2024: Was wird passieren?
Nach der Betrachtung, wie Wahlen, insbesondere die US-Wahlen, historisch direkte und indirekte Auswirkungen auf den Goldpreis hatten, stellt sich die Frage, was wir von der US-Wahl im November 2024 erwarten können.
Nach Ansicht von Nicky Shiels, Head of Metals Strategy bei MKS PAMP, könnten beide Kandidaten strukturell vorteilhaft für den Goldpreis sein:
Kamala Harris’ am Freitag angekündigter Wirtschaftsplan ist sehr progressiv und schlicht inflationär […] Sowohl Trump als auch Harris sind Kandidaten für eine „größere Regierung“, was strukturell positiv für Gold ist.
Eine Lehre aus der jüngeren Vergangenheit ist außerdem, dass politische Unsicherheit schlecht für die US-Wirtschaft ist und ein Grund für die steigenden Goldpreise sein könnte.
So stieg der Goldpreis zum Beispiel um 0,18% unmittelbar nach Bidens Rücktrittsankündigung. Und auch die verzögerte Aufwärtsreaktion des Goldpreises auf den versuchten Mordanschlag auf den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump in Pennsylvania bestätigte diesen Trend.
In den Tagen nach diesem dramatischen Ereignis stieg der Goldpreis auf ein Maximum von 2440$, und auch der Bitcoin verzeichnete einen Anstieg von 7%.
Zudem könnte das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahlen einen erheblichen Einfluss auf die Federal Reserve (Fed) haben.
Einer derjenigen Analysten, welche dies so sehen, ist Ben Wright vom britischen The Telegraph. In einem Artikel unterstreicht er, dass sich die Diskussion um die Fed negativ auf die US-Wirtschaft auswirken und die ohnehin bestehenden Sorgen über eine mögliche Rezession verstärken.
Zudem zeigte der japanische Börsencrash vom 5. August 2024 - ausgelöst durch sogennante Carry Trades - dass die Märkte ohnehin in Aufruhrstimmung sind:
Sowohl europäische als auch britische Aktien folgtem einem ähnlichen Trend, wenn auch nicht ganz so schlimm wie in Japan.
Die Debatte über die Wirtschaftspolitik, wie die Erhöhung oder Senkung der Zinssätze durch die Fed in diesen Tagen, verstärkt die Unsicherheit über die Stabilität der US-Wirtschaft, sodass diese Faktoren mittlerweile eine promintene Rolle im Wahlkampf einnehmen.
So äußerte Kamala Harris etwa, dass sie die Unabhängigkeit der Federal Reserve respektieren werde.
Diese Stellungnahme folgt auf Äußerungen von Trump, der vor wenigen Tagen argumentierte, dass Präsidenten die Zinssätze und die Geldpolitik beeinflussen sollten – eine Ansicht, die dem etablierten Prinzip der Unabhängigkeit der Fed widerspricht.
Das Federal Open Market Committee, das für die Zinsentscheidungen innerhalb der Fed zuständige Gremium, trifft sich nur einen Tag nach den Wahlen am 5. November, um etwaige Zinssenkungen zu besprechen.
Die politische Unabhängigkeit der Fed ist ein Grundprinzip in den USA. Trumps Andeutungen, dass der Präsident der Vereinigten Staaten ein Mitspracherecht haben sollte, läuft diesem Grundprinzip zuwider und könnte die Unruhe im Markt weiter befeuern.
Gold und Wahlen: Schlussfolgerungen
Die Dynamik von Wahlen, insbesondere in den USA, kann den Goldpreis beeinflussen, oft indirekt durch die Neuausrichtung der Politik in den Bereichen:
- Leitzinsen
- Relative Währungsstärke
- Geopolitik
- Sicherheitspolitik
- internationale Handespolitik
Mit dem Herannahen der nächsten US-Wahlen ist es deshalb sinnvoll, den Goldpreis im Auge zu behalten, auch wenn in der Vergangenheit keine statistisch signifikanten Kurssprünge zu sehen waren, die sich direkt auf die Wahlen zurückführen ließen.